Behindertenversorgung in Schweden
Der Status eines behinderten Menschen ist in Schweden grundlegend anders als in Deutschland. Eine Behinderung ist in Deutschland in den meisten Fällen mit einem automatischen sozialen Abstieg verbunden. Und dies meist auch ohne großartige Aussichten etwas an der Situation verändern zu können. Viele körperlich oder geistig eingeschränkte Menschen müssen in Heimen und Pflegestationen leben und haben, wenn überhaupt, nur sehr schlecht bezahlte Arbeitsstellen und sind auch sonst von vielen sozialen Aktivitäten weitestgehend ausgeschlossen.
Sei es aus finanziellen oder anderen Gründen.
In der schwedischen Gesellschaft gibt es ein Paradigma das besagt, das alle Menschen gleichgestellt sind und gleiche Möglichkeiten haben müssen aktiv am allgemeinen gesellschaftlichen Leben, teilhaben zu können. Auf benachteiligte Personen keine Rücksicht zu nehmen, ist in Schweden ein schwerer Tabubruch. Dies gilt sowohl im Alltag als auch im Berufs-Leben. Sich auf der Arbeit Vorteile auf Kosten behinderter Menschen zu verschaffen, kann mit einer sofortigen fristlosen Kündigung enden. Dieses Prinzip wird durch viele Verordnungen und Erlasse auch vom Gesetzgeber unterstützt. Kommt in Schweden ein behindertes Kind zur Welt, erhält die Familie eine Vielzahl großzügiger Unterstützungen.
Da in Schweden meist beide Elternteile berufstätig sind, besteht die Möglichkeit behinderte Kinder in eine qualifizierte Ganztagesbetreuung ab zu geben. In individuellen Kleingruppen von maximal 3 Kindern werden diese individuell und nach ihren persönlichen Fähigkeiten und Vorlieben gefördert. Wenn das Kind älter wird, kann es Daheim verbleiben und bekommt je nach Grad der Behinderung vom schwedischen Staat einen persönlichen Assistenten zur Seite gestellt. Dieser unterstützt bei allen Dingen die der Betreute nicht selbst oder nur eingeschränkt erledigen kann. Dies fängt an bei der täglichen Körperpflege, dem Säubern der Wohnung und dem Einkaufen. Sie nehmen gemeinsam Termine wahr, gehen ins Kino und auch einfach nur spazieren. Der Assistent ist dafür verantwortlich dem Betreuten die täglichen Medikamente zu verabreichen und auch dafür ihn zum Arzt zu begleiten. Diese Assistenten arbeiten zum Teil in Schichten rund um die Uhr und auch am Wochenende. Sie sind also immer da wenn sie gebraucht werden. Wenn ein behinderter Mensch die Volljährigkeit erreicht, wird ihm vom Staat eine Wohnung finanziert. Auch hier endet die Unterstützung durch die persönlichen Assistenten nicht. Je nach Bedarf wird sie bis zum Tode des Patienten fortgesetzt.
Dem behinderten Menschen wird eine geförderte Arbeitsstelle zugewiesen auf der er, je nach seinen Fähigkeiten, verschiedene Tätigkeiten ausübt. Für diese Arbeit gibt es am Monatsende auch einen kleinen Lohn. Auch bei Schwerstkranken wird in der Regel so verfahren. Ich selbst habe als Urlaubsvertretung für einen Menschen mit schwerer Multipler Sklerose gearbeitet. Dieser Patient war bettlägerig und schwerstpflegebedürftig. Für ihn stand rund um die Uhr ein Team aus persönlichen Assistenten zur Verfügung. Das gute daran war, das der Patient bis zu seinem Tode in seiner gewohnten Umgebung verbleiben konnte und nicht ins Krankenhaus musste.
Der Umgang mit dem Kranken war sehr persönlich und liebevoll. Die meisten der Assistenten arbeiteten seit vielen Jahren für ihn und kannten ihn und sein Leben sehr gut. Die Arbeit beschränkte sich nicht nur auf die direkte Pflege, sondern man sah gemeinsam Fern oder spielte etwas zusammen. Dem Patienten wurde aus der Zeitung vorgelesen man berichtete ihm vom neuesten Tratsch und Klatsch. Kurz man ließ ihn aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben.
Insgesamt wird in Schweden mit benachteiligten Menschen sehr würdevoll umgegangen.