Alkohol in Schweden
Alkohol ist in Schweden ein ständig präsentes Thema.
Eine schwedische Feier gilt erst dann als gelungen, wenn alle besinnungslos unterm Tisch liegen und am nächsten Morgen einen solchen Kater haben, der einen mindestens für einen halben Tag ans Bett fesselt. Allerdings muss man auch erwähnen, dass der durchschnittliche Prokopfverbrauch von Alkohol in Schweden niedriger ist als in Deutschland. Dies erklärt sich jedoch damit, dass viele Schweden, anders als die deutschen, darauf verzichten z.B. jeden Abend zwei Flaschen Bier zu trinken. Dies wird jedoch bei entsprechenden Gelegenheiten umso intensiver nachgeholt.
Dabei sind die Alkoholpreise in Schweden, verglichen mit Deutschland, exorbitant hoch. Bekommt man in Deutschland einen halben Liter Bier schon für 35 Cent, so ist man in Schweden für dieselbe Menge Bier mindestens 2,00 € los. Auch beim Schnaps sieht es ähnlich aus. Zahlt man in Deutschland für eine Flasche Whisky ca. 18,00 €, so kann dieselbe Flasche in Schweden an die 50,00 € kosten. Einen guten Wein bekommt man ab 8,00 € pro Flasche. Schuld an diesen hohen Preisen ist der schwedische Staat. Alkohol ist mit einer Sondersteuer belegt. Um die volle Kontrolle über den Handel mit Alkohol zu haben, hat der Staat speziellen Läden eingerichtet. Das sogenannte Systembolaget (wörtlich übersetzt: Die Systemfirma). Bis vor einiger Zeit, war auch die Produktion und Lagerung von Alkohol komplett in der Hand des Staates. Im Zuge des EU Beitritts wurden diese Regelungen jedoch gelockert
Betritt man ein solches Geschäft, hat man eher das Gefühl in einem Juwelierladen zu sein als in einem Schnapsladen. Die meisten dieser Läden sind vollständig Kameraüberwacht. Der begehrte Alkohol wird vollständig unter Verschluss gehalten. Will man etwas kaufen, so muss man seine Bestellung bei einem Verkäufer aufgeben, der dann das gewünschte aus dem rückwärtigen Bereich des Ladens zusammen sucht. Besonders in ländlichen Bereich, wird Alkohol auch manchmal in kleinen Lebensmittelgeschäften verkauft. Dieser haben eine besondere Lizenz, die Sie dazu berechtigt. Zu erkennen sind diese Läden an dem kleinen Schild mit der Aufschrift Systembolaget. Wer eine größere Feier auszurichten hat, sollte einige Zeit vorher anfangen zu sparen.
Doch die Schweden wissen auch dieses System zu hintergehen. Besonders in der ländlichen Gegend wird viel Alkohol „schwarz“ gebrannt. Wenn man erst mal ein bisschen in die Gesellschaft eingestiegen ist, so erfährt man nach und nach wo man den begehrten Alkohol billig kaufen kann. Über diese Quellen ist absolutes Stillschweigen zu bewahren, da die Strafen des schwedischen Staates sowohl für den Käufer als auch für den Brenner sehr hoch sind. Beide Seiten gehen also ein hohes Risiko ein, das jedoch in Kauf genommen wird. Ist man bei schwedischen Freunden zu einer Feier eingeladen, fragt man taktvoller Weise nicht nach der Marke des Schnapses, um sein Gegenüber nicht zu brüskieren.
Eine weitere Möglichkeit günstig an Alkohol zu kommen ist der Schmuggel. Viele Schweden fahren zu diesem Zweck extra nach Deutschland um im Aldi oder Lidl günstig Schnaps und Bier einzukaufen. Oftmals wird deutlich mehr als die erlaubten Menge mitgebracht um diese dann an Freunde und Bekannte zu verkaufen. Auch als Deutscher werden sie mit großer Sicherheit angesprochen werden, ob sie bei ihrer nächsten Reise in die alte Heimat nicht ein zwei Fläschchen günstigen Schnaps mitbringen können.
Für Deutsche gelten nochmal veränderte Einfuhrregelungen, sie können etwas mehr Schnaps als die Schweden mit ins Land bringen. Dieser Schnaps wird dann in der Regel mit 5,00 € Aufschlag pro Flasche an Kollegen oder Freunde verkauft. Viele Deutsche bessern sich auf diese Weise Ihr Einkommen auf. Lassen Sie sich aber nicht verleiten über diese Einfuhrgrenzen hinauszugehen. Die Strafen sind drakonisch! Auch wenn Ihnen Handel mit den Spirituosen nachgewiesen wird. Man sollte sich also immer genau überlegen, wie man einen solchen Gefallen tut und wem nicht.
Zur Fußballweltmeisterschaft mieteten sich einige meiner Arbeitskollegen einen VW-Bus und fuhren mit diesem über die Grenze nach Deutschland. Der Wagen wurde so mit Alkohol vollgepackt, dass er völlig überladen war und natürlich auch den schwedischen Zoll auffiel. Ein Kollege beklagte sicher einige Monate später, dass er Monat für Monat seine Strafe an den schwedischen Staat abbezahlen musste. Im Augenblick darf man aus EU-Ländern folgende Mengen Alkohol nach Schweden mitbringen.
– 110 Liter Bier
– 90 Liter Wein, davon maximal 60 Liter Schaumwein
– zehn Liter Spirituosen, mit einem Alkoholgehalt von mehr als 22%
Diese Regelungen ändern sich jedoch ständig, so dass man sich am Besten beim schwedischen Tullverket, dem Zoll erkundigt. Zu beachten ist außerdem, dass Personen die unter 20 Jahre alt sind, absolut keinen Alkohol nach Schweden einführen dürfen. In den größeren Städten ist der Handel mit illegalem Alkohol in der Hand organisierter Gruppen. Diese Schmuggeln den Alkohol aus anderen Ländern LKW-Weise nach Schweden ein und vertreiben diesen dann im großen Stil. Immer wieder liest man in den Zeitungen, dass solche Banden aufgeflogen sind. Die Folge sind in der Regel lange Haftstrafen und manchmal die Konfiszierung des gesamten privaten Vermögens. Diese Strukturen, sind bis zu einem gewissen Grade, mit denen deutscher Drogenhändler vergleichbar.
Jugendliche dürfen Alkohol erst im Alter von mindestens 20 Jahren erwerben. Eine Abgabe darunter ist streng verboten. Dies führt dazu, dass die schwedische Jugendliche den Alkohol von älteren Personen kaufen lassen. Regelmäßig führt der Staat in den Medien Kampagnen durch, die dieses Verhalten brandmarken. Eine weitere Folge dieser strikten Alkoholabgabepolitik ist, dass Jugendliche auf andere Drogen ausweichen. So ist zum Beispiel das Schnüffeln von Klebstoff oder anderen Lösungsmitteln weit verbreitet.
Dieser besonderen Regeln in Punkto Alkohol in Schweden, gehen auf die Abstinenzbewegung des 19. Jahrhunderts zurück. Der damalige Alkoholkonsum lag etwa bei der vier- bis fünffachen Menge wie heute. Die entstehenden sozialen Probleme waren enorm. Diese Abstinenzbewegung zählte Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts etwa eine halbe Million Mitglieder. Durch Unterschriftensammlungen versuchte man zu erreichen dass der Staat den Alkohol vollständig verbietet. Diese Versuche wurden von mehr als der Hälfte der schwedischen Bevölkerung unterstützt. Allerdings sollte sich der Staat seinen Anteil an den Steuereinnahmen nicht entgehen lassen. So kam es im Jahr 1914 dazu dass ein Stockholmer Arzt dem Vorschlag machte, den Alkohol nur durch den Staat produzieren und vertreiben zu lassen. Gleichzeitig wurde eine Rationierung des Alkohols vorgeschlagen. Dieser Vorschlag wurde ab 1914 nach um nach im ganzen Land umgesetzt. Nach der neuen Regelung konnten Männer ab dem fünfundzwanzigsten Lebensjahr und unverheiratete Frauen eine Rationierungsbuch bekommen. Bedingung war, dass sie im Vorfeld nicht durch Trunkenheit aufgefallen waren.
Die Obergrenzen für den Bezug von Alkohol pro Monat schwankten immer wieder. Im Durchschnitt konnten Männer drei Liter Schnaps pro Monat kaufen. Die Rationierung wurde erst im Jahr 1955 aufgehoben. Nach dem Ende der Rationierung stieg der Alkoholkonsum erheblich an. Wurde den anfänglich noch mit Aufklärung der Bevölkerung begegnet, so einigte man sich im Jahr 1957 auf eine kräftige Anhebung der Preise. Dies ist bis heute die Maßnahme um den übermäßigen Alkoholkonsum einzudämmen.