Jämtland in Schweden
Dichte Wälder, hohe Berge, tiefe Täler, schneebedeckte Gipfel und immer mal wieder ein tiefblauer See oder fröhlich glucksender Fluss – die Natur in der Provinz Jämtland ist der absolute Inbegriff der skandinavischen Wildnis und vereint das Beste der schwedischen Naturlandschaft. In unmittelbarer Nähe zur norwegischen Grenze gelegen, ist das Verhältnis zu den westlichen Nachbarn schon immer etwas enger gewesen als zum schwedischen Königreich. Nicht zuletzt deswegen gelten die Jämtländer landesweit als eigenwillig und speziell, auf ihre Gastfreundlichkeit gegenüber Fremden hat dies jedoch zweifelsohne nicht den geringsten Einfluss. Offen, freundlich und immer mit einem guten Urlaubstipp im Repertoire tragen die Gastgeber maßgeblich zu einer entspannten Wohlfühl-Atmosphäre bei. Und der ein oder andere Geheimtipp ist angesichts der vielfältigen Erlebnisangebote als auch zahlreichen Freiluftaktivitäten selbst unter erfahrenen Urlaubern immer gern gesehen. Denn auch wenn die nordschwedische Provinz eher dünn besiedelt ist, kann das Jämtland trotz alledem auf eine bewegte Kulturgeschichte zurückblicken, die das eine oder andere noch heute zu besichtigende, kulturelle Highlight hervorgebracht hat. Alles in allem ist das Jämtland ein wahrlich einmaliges Urlaubsparadies, das sich bis heute seine besonderen Charme und liebenswerten Eigenheiten bewahrt hat und gerade deshalb nicht nur unter eingefleischten Schwedenfans und treuen Skandinavien-Anhängern ganzjährig einer großen Beliebtheit erfreut.
Die Provinz Jämtland – ein gallisches Dorf im schwedischen Königreich
Im Nordwesten Mittelschwedens nahe der Grenze zu Norwegen erstreckt sich die historische Provinz Jämtland über eine Fläche von gut 38.800 Quadratkilometern und stellt damit die zweitgrößte Landschaft in ganz Schweden dar. Vor allem im Osten der Provinz, der sich zumeist recht eben bis sanft gewellt präsentiert, zeigen sich immer wieder die unendlichen Weiten dieser einmaligen Naturlandschaft. In Richtung Westen wird das Jämtland hingegen nach und nach wilder. Über größere Hügel und kleinere Berge wächst die Provinz stetig in die Höhe. Diese Berglandschaft sind die Ausläufer des imposanten Skandinavischen Gebirges, das häufig auch einfach nur „Skanden“ genannt wird und das mächtige Rückgrat der skandinavischen Halbinsel bildet. Dort oben im felsigen Gebirge grenzt das Jämtland an den westlichen Nachbarn Norwegen. Zu den Norwegern besteht seit jeher eine besonders enge Bindung. Denn nachdem das Jämtland zwischen der Ära der Wikinger und dem Mittelalter jahrhundertelang ein eigenständiges Reich gewesen ist, gehörte es von 1178 bis 1536 Norwegen an. Nach sage und schreibe 13-maligem Herrschaftswechsel im 16. und 17. Jahrhundert fiel die Provinz im Jahr 1645 schließlich an das Königreich Schweden. Trotz allem hat das Jämtland jedoch nie seine Eigenständigkeit aufgegeben und gilt bis heute als recht eigenwillige schwedische Provinz. Denn kein Dialekt im Lande weicht stärker vom Reichsschwedischen ab als der jämtländische und auch kulturell hat immer eine engere Bindung an das norwegische Trøndelag bestanden als an die angrenzenden schwedischen Provinzen. Vor diesem geschichtlichen Hintergrund verwundert einen die seit den 1960er-Jahren bestehende Unabhängigkeitsbewegung „Republik Jämtland“ keineswegs, jedoch ist die Bewegung ganz klar mit einem deutlichen humoristischen Augenzwinkern zu betrachten.
Jamtli-Museum, Sonfjällets Nationalpark oder das Storsjön-Monster – die wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Jämtlands
Mit etwa 113.000 Einwohnern auf gut 37.800 Quadratkilometern Fläche gilt das Jämtland mit durchschnittlich 3 Einwohnern pro Quadratkilometern nicht nur als eine der am dünnsten besiedelten Provinzen Schwedens, sondern vielmehr sogar als eine der bevölkerungsärmsten Regionen in ganz Europa. Aus diesem Grund überrascht es niemanden, dass vor allem die einzigartige, nur in geringen Maßen vom Menschen überprägte und daher noch immer weitgehend ursprüngliche Naturlandschaft das „Erlebnis Jämtland“ ausmacht. Auch unter den zentralen Sehenswürdigkeiten der Provinz finden sich einige interessante Attraktionen und Orte in der Natur. Ein absolutes Muss während eines Jämtland-Urlaubes ist ein Besuch des Sonfjällets-Nationalpark. Dieser ist nicht nur der älteste in ganz Schweden, sondern landesweit bekannt als der Ort schlechthin, um Bären in freier Wildbahn beobachten zu können. Neben den Bären werden jedoch auch Wanderer und Bergsteiger definitiv ihren Gefallen an diesen spannenden Wechsel aus dichten Wäldern und schroffer Fels- und Berglandschaft finden.
Und dort, wo Gebirge und Wasser aufeinandertreffen, sind spektakuläre Wasserfälle selten weit. Der „Tännforsen“ am Oberlauf des Indalsälven – einer der zwei großen Flüsse der Provinz – sorgt dabei für das größte Spektakel, wenn aus einer Höhe von 38 Metern unzählige Mengen Wasser über einen mächtigen Felsvorsprung in die Tiefe stürzen. Doch auch der Hällingsåfallet im Norden sowie der Dödafall im Osten sind nicht minder eindrucksvoll. Ein Erlebnis der besonderen Art ist die unterirdische Höhle, die der teils unterirdisch verlaufende Fluss Bjurälven in das Gestein gewaschen hat.
Dass sich in der wilden Natur mitunter eigenwillige Kreaturen verbergen können, erleben Besucher des „Myskoxcentrum“ aus erster Hand, denn hier werden die imposanten Moschusochsen in möglichst naturnaher Umgebung gehalten und beeindrucken Besucher mit ihrer kräftigen Statur als auch durch ihr zotteliges Fell.
Wer neben all der Natur sich gerne auch der kulturellen Seite des Jämtlandes nähern möchte, der ist in Östersund, der zentral gelegenen Residenzstadt der Provinz bestens aufgehoben. Besonders das Jamtli-Museum ist ein spannendes und äußerst lehrreiches Erlebnis, wird hier in verschiedenen Dauerausstellungen doch die bunte Kulturgeschichte von der Steinzeit bis in das 20. Jahrhundert intensiv beleuchtet. Vor allem die Sami, indigenes Volk im Norden Skandinaviens, sind seit Urzeiten eng mit dem Jämtland verbunden und daher ein zentrales Thema des Museums. Nordwestlich der Stadt am Ufer des Alsensees leuchten auf den umliegenden Felsen ganz besondere historische Spuren längst vergangener Zeiten. Vor etwa 6.000 Jahren entstanden diese archaisch anmutenden Felsbilder von Glösa. Sie umfassen etwa 40 Tierfiguren, die hauptsächlich als Elche zu identifizieren sind. Um sie für Besucher besser sichtbar zu machen, sind die Ritzungen aus der Steinzeit mit leuchtend roter Farbe eingefärbt worden. Mehr zu Geschichte der Felsbilder sowie dem Leben in der Steinzeit erfahren Besucher im örtlichen Informationszentrum. Das Elchmuseum stellt zudem alles Wissenswerte und so manch skurrile Eigenheit der hochbeinigen Waldtiere aus.
Wer in Östersund zu Besuch ist, wird in kürzester Zeit vom geheimen Monster im stadtnahen See Storsjön erfahren. Doch auch wenn sich das jämtländische „Nessie-Double“ nicht zeigen sollte, verspricht ein Spaziergang entlang des Ufers dieses malerischen Sees eine tolle Zeit. Und wer mit den Einheimischen die langen, sonnigen Tage des skandinavischen Sommers feiern möchte, der sollte unbedingt einige der zahlreichen kulturellen Veranstaltungen im Sommer besuchen. Denn während des Festivalsommers mit dem Storsjöyran Musikfestival, dem Midsommer-Fest oder dem EatArt-Festival ist ganz Östersund auf den Beinen und feiert unter freiem Himmel bei warmen Temperaturen bis tief in die Nacht.
Hiken, Biken, Wandern oder Ski Fahren – die beliebtesten Freizeitaktivitäten im Jämtland
Jämtlands Natur lockt einen zu wirklich jeder Jahreszeit vor die Tür. Und damit es dort auf die Dauer auch niemandem langweilig wird, ist das Potpourri der Freizeitaktivitäten dementsprechend auch besonders vielfältig. Ob Hiken in den Bergen, Wandern durch die urigen Wälder, mit dem Rad über Stock und Stein oder mit Skiern unter den Füßen die verwunschene Winterlandschaft erkunden – im Jämtland gibt es zu jeder Jahreszeit garantiert die passende Freizeitbeschäftigung. Wenn die Sonne hoch am Himmel steht, dann sollten Urlauber sich den Rucksack nehmen und sich auf einen der zahl- und erlebnisreichen Wanderwege begeben und einfach Natur und Sonne genießen. Alle diejenigen, die auch im Urlaub auf sportliche Betätigung verzichten mögen, der kann aus einer Bandbreite an unterschiedlichen langen und anspruchsvollen Mountainbike-Strecken und –Touren seinen Favoriten auswählen. Andererseits lassen sich ebenso genügend familienfreundliche Ausflugstouren durch Jämtlands Wälder und Felder finden, die mit Sicherheit auch an einem der unzähligen Seen der Provinz vorbeiführen und zu einem erfrischenden Sprung ins kühle Nass einladen. Abenteurer und Wagemutige begeben sich mit Kajak oder Kanu entlang der blauen Lebensadern durch die eindrucksvolle Naturlandschaft.
Doch nicht nur Badefreunde und Wasserratten können sich an Jämtlands Seenreichtum erfreuen, auch Hobbyangler finden hier attraktive Angelreviere. Ob Fliegenfischen, Grundangeln oder ganz traditionell mit Köder oder Blinker, in den Seen, Flüssen und Bächen beißen neben Lachsen, Forellen und Äschen die verschiedensten Arten. Und auch im Winter brauchen Angelfreunde auf ihr Hobby nicht zu verzichten, wenn Jung und Alt beim Eisangeln die zugefrorenen Seen unsicher machen.
Überhaupt ist ein Winterurlaub im verschneiten Jämtland eine unvergessliche und erlebnisreiche Erfahrung. Wenn die Tage wieder kürzer werden und das fahle Licht die verschneite Landschaft mit einem märchenhaften Glanz überzieht, gibt es wohl nichts Schöneres als mit Schneeschuhen oder Langlaufskiern durch die wundersame Winterwelt zu wandern. Doch berühmt ist das Jämtland vor allem für seine schneesicheren wie –auch reichen Skigebiete im gebirgigen Westen. Die Wintersportorte Åre und Funäsdalen sind unter Wintersportfans wohl bekannt und bieten Geübten wie auch Ungeübten auf mehreren hundert Pisten- und Loipenkilometern unbegrenzten Freizeitspaß in beispiellosem Pulverschnee. Wer hingegen lieber anderen beim Wintersport zusieht, der sollte unbedingt Östersund einen Besuch abstatten, wenn der internationale Biathlonzirkus auf seiner „World Tour“ mal wieder Station in der jämtländischen Residenzstadt macht.
Über hohe Berge und durch dichte Wälder – Wandern im Jämtland
Nicht nur die weitgehend unberührte Wildnis und Natur, auch die gut ausgebauten und erlebnisreichen Pfade und Wege zeichnen die zweitgrößte schwedische Provinz als ein wahrlich lohnenswertes Wanderparadies aus. Mit einer schier unbegrenzt erscheinenden Anzahl an Kilometern ausgewiesener Wege und unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden hält das jämtländische Wanderwegenetz für jeden Wanderfreund etwas Passendes bereit und führt dabei zu den schönsten Ecken und Orten dieser eindrucksvollen Naturlandschaft.
All diejenigen, die gerne möglichst ungestört Jämtlands Naturreichtum erkunden wollen, sind auf einer Tour durch das Jämtlandfjäll bestens aufgehoben. In den endlosen Weiten dieser gut 90 Quadratkilometer großen, kargen, baumlosen und dafür umso felsigeren Hochebene hoch oben im Gebirge verlieren sich die Wandergruppen derart schnell, dass einem oftmals tagelang keine Menschenseele begegnet. Gleichzeitig reicht der Blick hier oben weit über der natürlichen Baumgrenze ungehindert bis an den Horizont und gibt der Seele Raum zum Träumen. Wirklich atemberaubende Panoramen und unglaublich weitreichende Ausblicke erwarten Wanderer und Bergsteiger von den Gipfeln des 1.372 m hohen Hundshögen – dem höchsten Berg des Oviksfjälls – sowie dem Helags, dem mit 1.797 Metern höchsten Berg des Jämtlandes. Auch wenn der Aufstieg mühsam und schweißtreibend sein mag, die Aussicht entschädigt für jegliche zuvor auf sich genommene Strapazen und Mühen. In den unteren Lagen der Hochebenen unterhalb der Baumgrenze drängen sich Wälder und Moore in den Vordergrund. Hier stoßen aufmerksame Beobachter mit ein wenig Glück auf die Spuren prominenter Waldbewohner wie Elche, Bären, Wölfe, Luchse als auch Vielfraße. Sichtbeobachtungen sind bei diesen scheuen Vertretern äußerst selten, trotzdem sollte beim Wandern in den jämtländischen Wäldern immer eine gewisse Vorsicht gelten. Auf der Suche nach spektakulären Gletscherlandschaften werden Wanderer und Outdoorfreunde sowohl im Helagsfjället als auch im Lunndörrsfjällen fündig. Gewaltige Eismassen längst vergangener Kaltzeiten haben einen eindrucksvollen geologischen Formenschatz geschaffen, der von mächtigen, breiten Tälern bis hin zu rund geschliffenen Felsformationen reicht. Im Helagsfjället befinden sich zudem die südlichsten Gletscher ganz Schwedens, die einem zweifelsohne einen deutlichen Eindruck davon geben, wie die mächtigen Eiswelten vor mehreren zehntausend Jahren wohl ausgesehen haben.
Hotel, Ferienhaus, Blockhütte oder einfaches Zelt – Übernachtungsmöglichkeiten im Jämtland
Wer Urlaub machen möchte, braucht natürlich auch eine passende, den jeweiligen Ansprüchen des Urlaubers entsprechende Ferienunterkunft. Im Jämtland ist die Auswahl diesbezüglich ziemlich vielfältig. Ob ganz klassisch im komfortablen Hotel, unabhängig und familiär im „schwedentypisch“ rot gestrichenen Ferienhaus, in rustikalem Ambiente in einer Blockhütte oder ganz ungezwungen und abenteuerlich im Zelt – im Jämtland ist wirklich jede Art der Übernachtung möglich.
Ein Hotel als Unterkunft bietet sich insbesondere während eines Städteurlaubs an. Zentral gelegen und mit dem üblichen „Rundum-Sorglos-Paket“ stellen diese einen willkommenen Ausgangspunkt für unbeschwerte und ereignisreiche Ausflüge in und Sightseeing-Touren durch das wunderschöne und absolut sehenswerte Östersund dar. Und oftmals hat das freundliche Personal noch einen kleinen Geheimtipp für die besonderen kulturellen als auch gastronomischen Erlebnisse parat.
Das Ferienhaus hingegen ist die klassische Unterkunft während eines Schwedenurlaubs. Im eigenen kleinen und in den typischen knalligen Farben vom berühmten Rot über Gelb bis hin zu Blau gestrichenen Holzhäusern fühlt ein jeder sich gleich heimisch und wie ein „echter Schwede“. Hier kann der Urlaub völlig frei und unabhängig gestaltet werden. Und das Gute ist, Ferienhäuser stehen im Jämtland wirklich überall da, wo es schön ist. Besonders idyllisch ist ein Ferienhaus am Storsjön bei Östersund, wo die Wege zum Wasser als auch in die Stadt kurz sind und die Sonne einen jeden Abend mit einer unglaublichen Dramatik langsam im See versinkt.
Ein archaisches und irgendwie auch uriges Erlebnis ist ein Übernachten in einer der rustikalen Blockhütten im jämtländischen Fjäll. Sie sind optimaler Ausgangspunkt für reizvolle Wanderungen in die wilde Landschaft der Gebirge und Hochebenen und abends mit wärmenden Kamin und ungehindertem Blick auf den nächtlichen Sternenhimmel ein perfekter Ort um die Erlebnisse des Tages in besinnlicher Atmosphäre Revue passieren zu lassen. Für Freunde des Campings sowie all die Abenteurer, die die einmalige Schönheit des Jämtlandes gern auf eigene Faust zu Fuß, mit dem Rad, per Kajak oder Kanu entdecken möchten, verteilen sich zahlreiche Zelt- und Campingplätze über die etwa 37.800 Quadratkilometer große Provinz. Und sollte mal kein ausgewiesener Platz erreichbar sein, dann erlaubt das berühmte „Allemannsrätten“ – deutsch: „Jedermannsrecht“ – die ein oder andere Nacht auf der kleinen Anhöhe mit traumhaft schönen Blick auf einen der zahlreichen, leuchtendblauen Seen – inklusive kostenlosem Sonnenuntergang und Sternenhimmel.