Das Mittsommerfest
Es gibt in Schweden Feste, die wir in Deutschland nicht kennen. Besonders beliebt ist das Midsommarfest, das Mittsommerfest, das in der letzten Juniwoche des Jahres gefeiert wird. Das Mittsommerfest findet immer am darauffolgenden Wochenende nach dem 21. Juni statt. Es ist wohl das „heiligste“ Fest in Schweden und heimlich auch wohl der Nationalfeiertag. In Deutschland kennt man dieses Fest aus der Werbung eines grossen schwedischen Möbelhauses. Mittsommer ist der Zeitpunkt der Sommersonnenwende, die Sonne steht in dieser Zeit senkrecht über dem nördlichen Wendekreis der Erde.
In der Zeit des Mittsommers sind die Tage in Schweden besonders lang, nachts wird es nicht mehr richtig dunkel, eigentlich ist es eher eine anhaltende Dämmerung, und ab zwei Uhr nachts wird es bereits wieder hell. Die Herbst- und Wintermonate sind in Schweden sehr dunkel und beginnen früher als in Deutschland. In Nordschweden kommt es vor, dass bereits im August der erste Schnee fällt. Im Winter wird es nicht mehr hell, nur durch den liegenden Schnee wirkt der Tag nicht ganz so düster. Deshalb freuen sich die Schweden besonders auf den Sommer.
Der Sommer beginnt viel später, im Mai werden die ersten Bäume grün und im Juni explodiert die Natur förmlich. Das Mittsommerfest läutet den langersehnten Sommer ein. Früher glaubte man, dass die Nacht zwischen Freitag und Samstag magisch sei. In dieser Nacht sollten Elfen tanzen und Trolle versteckt hinter den Bäumen stehen. Der Morgentau war dafür bekannt, dass er kranke Tiere heilen könne. Den Morgentau fing man deshalb auch in einer Flasche auf und verwendete ihn zum Backen von Brötchen. Am Mittsommerwochenende haben die meisten Schweden frei, soweit dies möglich ist.
Die Geschäfte haben geschlossen und die Leute aus der Stadt begehen Stadtflucht, sie feiern lieber auf dem Land. Viele Schweden gehen direkt nach dem Mittsommerfest direkt in den Urlaub. Sie läuten mit dem Fest sozusagen ihren Urlaub ein. Freitags, dieser Tag wird Mittsommerabend genannt, wird innerhalb der Familie ein Gartenfest veranstaltet, es wird gegrillt und der Garten wird festlich mit schwedischen Flaggen und Blumen geschmückt. Am Mittsommerabend bleibt die schwedische Flagge die ganze Nacht über gehisst, während diese sonst bei Sonnenuntergang abgenommen werden muss.
Am Samstag, dem Mittsommertag, beginnen die Festlichkeiten am Nachmittag. Das Mittsommerfest wird auf grossen Plätzen im Dorf veranstaltet, damit möglichst viele Menschen an diesem Fest teilnehmen können. Urlauber kommen gern während dieser Zeit zu den Festlichkeiten. In allen Dörfern wird traditionell ein Mittsommerbaum aufgestellt. Der Mittsommerbaum ist eine Stange, er hat die Form eines Kreuzes, an dem zwei Kränze hängen. Der Baum wird mit Blättern, Blumen und vielen bunten Bändern geschmückt, die Bänder reichen bis auf den Boden. Die Kinder und auch viele erwachsene Frauen tragen geflochtene Blumenkränze im Haar und tragen festliche weiße Kleider. Viele ältere Frauen tragen zu dem Fest ein Trachtenkleid, das in jeder Region Schwedens etwas anders aussieht. Am Nachmittag halten sich die Kinder an den Händen und tanzen um den Mittsommerbaum und singen schwedische Lieder. Gerne wird mit den Kindern ein schwedisches Lied gesungen, das von einem Frosch handelt, hierzu werden die Bewegungen des Frosches imitiert. Dieses Lied heisst auch „Kleiner Frosch“ und ist bei allen schwedischen Kindern bekannt und beliebt. An diesem Tanz haben die Kinder besondere Freude. Der „Froschtanz“ ähnelt etwa dem „Ententanz“, der in den 80 er Jahren in Deutschland bekannt wurde.

Mitsommerkuchen ©iStockphoto/Marcus Lindström
Die sonst eher ruhigen Schweden sind an diesem Tag besonders ausgelassen und fröhlich. Dieser Zustand ist allerdings auch auf den reichlich fließenden Alkohol zurückzuführen. Musikalisch werden sie begleitet von Musikern mit Geigen und Akkordeon, die speziell für dieses Fest engagiert werden. Anschließend wird Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Am Abend wird wieder gegrillt, es werden neue Kartoffeln dazu gereicht mit Hering in verschiedenen Variationen und saurer Sahne mit Dill. Natürlich dürfen am Mittsommertag Erdbeeren mit Sahne als Nachspeise nicht fehlen. Die Erdbeeren müssen allerdings aus Schweden sein, deshalb hofft man schon vor dem Fest, dass die Erdbeeren auch bis dahin reif sind.
Es wird ausgiebig gefeiert. Die Schweden sind sehr trinkfreudig, gerne wird ein Schnaps getrunken. Dazu werden schwedische Schnapslieder gesungen, die häufig sehr freche Texte beinhalten. Da der Alkohol sehr teuer ist wird der Schnaps häufig selbstgebrannt. Speziell zum Mittsommerfest wird gerne auch ein Kräuterschnaps gebrannt. Am Abend des Mittsommertages pflücken die jungen unverheirateten Mädchen sieben Sorten wilder Blumen, die sie laut eines schwedischen Aberglaubens vor dem Schlafengehen unter ihr Kopfkissen legen. So soll es ihnen gelingen, von ihrem Zukünftigen zu träumen. Die Mittsommernacht gilt als magische Nacht, die im Zeichen der Liebe steht. Die Schweden stellen in dieser Zeit ihre Beziehung auf die Probe. So kann es in dieser Zeit allerdings auch verstärkt zu Trennungen und Ehescheidungen kommen, da unter dem Einfluß des Alkohols häufig die Wahrheit ans Licht kommt.
In der Zeit des Mittsommers erwachen die Schweden aus ihrem Winterschlaf. Sie werden aktiv und sind fröhlicher als gewöhnlich. Allerdings hat man in Schweden im Sommer häufig das Problem, dass viele Firmen geschlossen sind. Sie machen Sommerurlaub, sucht man in dieser Zeit einen Handwerker, kann es passieren, dass man leer ausgeht. Hinzu kommt dann wieder das Problem, dass viele Arbeiten nur im Sommer ausgeführt werden können. Im Winter liegt Schweden wiederum im Winterschlaf. So kann es vorkommen, dass anliegende Arbeiten häufig nur unter erschwerten Bedingungen ausgeführt werden können.